Das Thema des Vienna Humanities Festival 2025 lautet „On Edge / Unbehagen“. Der technologische Fortschritt vollzieht sich unerwartet rasant und droht unser Leben tiefgreifend zu verändern. Liberales Denken wird grundlegend infrage gestellt, genauso wie der Wert wissenschaftlicher Erkenntnis. Anstelle von Mitgefühl gewinnt ein gnadenloser Transaktionalismus Raum. Und wir stehen vor keiner geringeren Frage als der, ob es der Menschheit unter diesen Bedingungen gelingen kann, sich ihre Menschlichkeit zu erhalten. Das diesjährige Vienna Humanities Festival wird zu dieser Diskussion beitragen, indem es die Öffentlichkeit einlädt, gemeinsam mit Intellektuellen, Wissenschaftler:innen, Schriftsteller:innen und Künstler:innen über diese Hindernisse und die daraus entstehenden Fragen zu reflektieren.
Die erste Keynote Lecture hält die Historikerin Lyndal Roper über das politische Erbe des Deutschen Bauernkriegs.
Lange Zeit haben Historiker den Deutschen Bauernkrieg von 1525 nur als einen Nebenschauplatz der frühen Reformation abgetan. In Anlehnung an Friedrich Engels sollten später marxistische Historiker in der DDR dem Bauernkrieg aus politischen Gründen eine übertrieben hohe Bedeutung beimessen. Nach eingehender Recherche aller verfügbaren Archivquellen beleuchtet die Historikerin Lyndal Roper die wirkliche Tragweite dieser dramatischen Ereignisse. Auch wenn dieser außergewöhnliche Aufstand letztendlich niedergeschlagen wurde, demonstrierte er die politische Intelligenz einer vernachlässigten Klasse, die Martin Luthers revolutionäre Lehren beim Wort nahm. Dieser Krieg erwies sich auch als Wendepunkt in Luthers eigenem politischen Denken, da die Gefahr eines sozialen Wandels ihn dazu veranlasste, sich gegen die Rebellen zu stellen.
Lyndal Roper ist die erste Frau, die zur Regius Professor of History an der Universität Oxford ernannt wurde. Sie ist Mitglied der British Academy, der Australian Academy und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Ihre Arbeiten über Deutschland in der Frühen Neuzeit haben ihr zahlreiche Auszeichnungen und Ehrendoktorwürden eingebracht. Ihre 2016 erschienene Biografie über Martin Luther gilt weithin als die maßgebliche Darstellung seines Lebens und der Entwicklung seines sozialen und politischen Denkens.
Dem Vortrag von Lyndal Roper folgt eine Diskussion mit IWM Rektor Misha Glenny.
Wir möchten darauf hinweisen, dass der Vortrag auf Deutsch und nicht wie zuvor angekündigt auf Englisch gehalten wird.