Schon kurz nach seiner Gründung im Frühjahr 2013 ließ das Wiener Klavierquartett (vormals Stratos Quartett) mit seinem ersten Erfolg aufhorchen. Im Herbst 2013 gewann es den 1. Preis beim 20. Internationalen Brahms-Wettbewerb in der Sparte Kammermusik und wurde als erstes Klavierquartett in die ECMA (European Chamber Music Academy) aufgenommen.
Das Wiener Klavierquartett konzertierte u.a. im Wiener Musikverein, im Brucknerhaus Linz, in Wigmore Hall in London, beim Harmos Festival in Porto, im Grande Auditorio des Gulbenkian Centres in Lissabon, beim Antonín Dvořák Festival, beim Grafenegg Festival sowie in den USA, Japan, Finnland oder Frankreich.
Die vier Musiker:innen sind allesamt mehrmalige Preisträger nationaler und internationaler Wettbewerbe und können sowohl Solo und wie auch im Orchester auf eine beeindruckende Konzerttätigkeit zurückblicken. Den Interpret:innen bereitet es hörbar Freude, aus ihren individuellen Erfahrungen und Zugangsweisen ein gemeinsames Klangbild zu schaffen.
Katharina Engelbrecht – Violine
Magdalena Eber – Viola
Jan Ryska – Violoncello
Maximilian Flieder – Klavier
Programm
W.A. Mozart
Klavierquartett g-Moll, KV 478
I. Allegro
II. Andante
III. Rondo. Allegro moderato
Bohuslav Martinů
Klavírní kvartet, H 287
I. Poco allegro
II. Adagio
III. Allegretto poco moderato
Zu Bohuslav Martinůs Klavierquartett
Der aus Mähren stammende Komponist Bohuslav Martinů war einer der großen Romantiker des 20. Jahrhunderts. Mit ihm ging die Tradition der tschechischen Nationalmusik zu Ende, begründet von Dvořák und Smetana. Paradoxerweise spielte dieses letzte Kapitel der tschechischen Nationalmusik auf fremdem Terrain, denn Martinů verbrachte den größten Teil seines Lebens fern der Heimat, zunächst in Paris (1923-1940), später als Flüchtling vor den Nazis in den USA, schließlich nach dem Krieg als Umhergetriebener, dem die Rückkehr in die geliebte Heimat noch immer verwehrt wurde.[1]
Martinů vollendete das Klavierquartett im April 1942 und widmete es den Mitgliedern des Chamber Music Guild Quartet, die es im Sommer 1942 auf dem Tanglewood Festival in Berkshire uraufführten. Der erste Satz ist geprägt von unermüdlicher Energie, strotzend vor Kraft und Virtuosität. Die für Martinůs Musik charakteristischen flinken Läufe und Trillerketten ziehen sich durch das gesamte Poco allegro, wobei die Mitspieler über weite Strecken von turbulenten Beschleunigungen und stampfenden Rhythmen mitgerissen werden. Die Phrasen scheinen sich durchweg aufwärts zu bewegen und rufen das Gefühl von Atemlosigkeit hervor. Erst die abfallende Schlusskadenz lässt aufatmen.
Der zweite Satz ist mit über neun Minuten der längste. Er ist von einer dichten Polyphonie der Streicher bestimmt, während das Klavier fast durchweg schweigt. Harry Halbreich, der Verfasser des Martinů-Verzeichnisses, sagte über das Adagio, dass der Komponist wohl kaum „Ergreifenderes, Unmittelbareres als die letzten 20 Takte geschrieben habe.“ Im Allegretto moderato übernimmt das Klavier mit einer tschechischen Pastorale die Führung und spielt später eine Solo-Kadenz. Martinůs Lieblingstonart B-Dur wird von einem synkopierten Sechsachtel-Takt getragen und endet in freudiger Ekstase.
Vor dem biografischen Hintergrund kommt dieser Freudenstimmung und dem Gefühl, sich aufgehoben zu fühlen, eine besondere Bedeutung zu: Martinů war in den USA angekommen und mit ihm seine Musik, die den Amerikanern sehr gefiel. Er wurde als tschechischer Komponist gefeiert und die größten amerikanischen Orchester und Dirigenten führten noch in den Kriegsjahren seine Werke auf.[2]
[1] https://www.kammermusikfuehrer.de/werke/1143
[2] https://www.deutschlandfunkkultur.de/alltaegliche-einfachheit-und-harmonisches-ganzes-100.html